Wenn Deutsche in Prag das erste mal ein Bier bestellten, beschweren sie sich oft über den vielen Schaum und zu wenig Bier.
Also für alle, die mal nach Prag oder sonst wohin nach Tschechien fahren: Nicht darüber beschweren! Merkt euch am besten Folgendes:
In Tschechien ist die Art, wie Bier gezapft wird, ein zentraler Bestandteil der Bierkultur. Es gibt verschiedene Methoden des Zapfens, die bewusst den Schaum betonen, da dieser als entscheidender Qualitätsfaktor gilt.
Schaumkrone:
Frischer Schaum schützt das Bier.
Der dichte, cremige Schaum dient als „Deckel“, der das Bier vor Sauerstoff schützt, damit es nicht so schnell schal wird. Dadurch bleibt das Aroma länger erhalten. Der Schaum hat eine samtige Konsistenz und trägt Bitterstoffe, die dem Bier ein ausgewogenes Geschmacksprofil verleihen.
Eine schöne Schaumkrone gilt als Zeichen eines guten Bieres und eines fähigen Zapfers.
In Tschechien gibt es verschiedene Arten des Zapfens:
„Hladinka„: Ein Bier mit einer perfekt ausbalancierten Mischung aus Schaum und Flüssigkeit.
„Šnyt„: Weniger Bier, mehr Schaum – oft als kleine Kostprobe.
„Mlíko„: Fast nur Schaum, der süßlich und weich ist, wird schnell getrunken.
Wenn das Bier nach dem Servieren kurz ruht, passiert Folgendes:
Kohlensäure entweicht. Die Bläschen im Schaum zerplatzen, weil die Kohlensäure langsam aus dem Bier diffundiert. Der Schaum verliert dadurch seine Stabilität. Flüssigkeit im Schaum sinkt zurück.
Der Schaum ist im Wesentlichen eine Emulsion aus Luft und Flüssigkeit. Mit der Zeit trennt sich die Flüssigkeit von der Luft und fließt zurück ins Bier. Dann hat man automatisch dreiviertel Bier und viertel Schaum im Glas und genau jetzt ist es am angenehmsten zu trinken.
Bekömmlichkeit
Das tschechische Bier ist bekömmlicher als z.B. die meisten deutschen Biere und man bekommt keinen Kater davon (es sei denn man übertreibt und trinkt mehr als 12 halbe Liter). Dafür gibt es mehrere Gründe:
Reinigung der Zapfanlage.
In Tschechien sind die Leitungen in den meisten Kneipen viel kürzer als in
Deutschland und werden in „guten Kneipen“ nach jedem Fasswechsel mit heißem Wasser gereinigt. Das sorgt dafür, dass keine alten Bierreste die Qualität des nächsten Bieres beeinträchtigen und dass das Bier immer frisch und unverändert bei der richtigen Temperatur gezapft wird.
Bei Kneipen, die das nicht machen, würde ein Tscheche sagen: „Dort haben sie kein gutes Bier!“
In Deutschland wiederum sind die Leitungen in der Regel länger und laut der deutschen Lebensmittelhygiene-Verordnung (LMHV) wird empfohlen, die Leitungen alle 14 Tage chemisch zu reinigen.
Qualität.
In Tschechien wird Bier immer noch nach traditionellen Methoden gebraut, mit einem Schwerpunkt auf hochwertigen, lokalen Zutaten wie Malz, Hopfen und Wasser. Zusatzstoffe oder Konservierungsmittel sind kaum oder gar nicht vorhanden, wie bei industriell gebrautem Bier in anderen Ländern.
Die meisten tschechischen Biere (z. B. Pilsner) sind untergärige Biere. Diese Fermentation bei niedrigen Temperaturen kann Nebenprodukte wie Fuselalkohole reduzieren, die sonst zu einem Kater beitragen.
In Tschechien wird Bier frisch gezapft und hat eine kürzere Lagerzeit, was die Qualität und Verträglichkeit verbessern kann. Frisches Bier enthält weniger oxidierte Verbindungen, die den Körper belasten könnten. Der Schaum reduziert die CO₂-Aufnahme. Der dichte Schaum bindet einen Teil der Kohlensäure, was Blähungen oder Unwohlsein reduziert.
Zudem ist die Qualität des Wassers entscheidend. Tschechisches Wasser ist bekannt für seine weiche Beschaffenheit, die sich positiv auf den Geschmack und die Bekömmlichkeit des Bieres auswirkt.
Trinkkultur:
Kleiner, häufiger Nachschank. In Tschechien wird Bier in kleineren Mengen und frisch gezapft serviert. Dadurch bleibt das Bier immer frisch und kühl, was angenehmer für den Körper ist.
Vergleich zu Deutschland:
Obwohl der Alkoholgehalt meistens ähnlich ist (bei einer Stammwürze von 12°), wird in Tschechien oft langsamer getrunken, fast immer kombiniert mit Essen. Dies verhindert, dass der Alkohol so schnell ins Blut übergeht und den Körper belastet. Dazu tragen auch die kürzeren Leitungen bei, die nach jedem Fasswechsel gereinigt werden.
Stammwürze:
Der Gärungsgrad und die sogenannte Stammwürze (in Grad Plato, wie 10°, 11°, 12°, 13°) spielen eine wichtige Rolle bei der Herstellung und dem Geschmack von tschechischem Bier. Diese Werte beschreiben den Anteil an gelösten Feststoffen (wie Zucker) in der Bierwürze vor der Gärung und beeinflussen sowohl den Alkoholgehalt als auch den Geschmack des Endprodukts.
Wenn du weniger Alkohol im Bier haben willst, dann bestellst du „eine 10er“ (ja, im Femininum ist richtig – „desítku“).
Der Wert in Grad Plato gibt an, wie viel Zucker in der Würze vor der Gärung vorhanden ist. Dieser Zucker wird während der Gärung durch die Hefe in Alkohol und Kohlensäure umgewandelt. Ein höherer Stammwürzegrad bedeutet tendenziell:
Mehr Alkohol im fertigen Bier,
einen volleren, malzigeren Geschmack.
Ein „schwereres“ Mundgefühl.
Ein tschechisches Lagerbier (Ležák) hat typischerweise eine Stammwürze von 11–12° Plato.
Ein „speciální pivo“ (Spezialbier) kann bei 13° oder höher liegen.
Prost 🍻
(Ur)Quellen:
www.hopculture.com/the-proper-czech-pours-the-best-foam-youll-ever-drink/#google_vignette
https://de.m.wikipedia.org/wiki/Bier_in_Tschechien
https://reisevergnuegen.com/tschechisches-bier-brauerei-tradition/
https://www.travelmagazine.com/posts/how-to-drink-beer-in-the-czech-republic
https://de.m.wikipedia.org/wiki/Zapfanlage
https://getraenkezapfanlagen.net/blog/bierzapfanlage-reinigen-der-leitfaden-zur-richtigen-reinigung